Mittwoch, 11. Januar 2017

Das letzte "schlechte" Jahr - Elektromobilität 2016

Große Trends und kleine Veränderungen

von Raimund Nowak
Hoffnung ist etwas für Menschen, die schlecht informiert sind. Viele Kommentatoren wandern bei der Elektromobilität auf zwei sehr unterschiedlichen Wegen. Die einen sehen bei ihren Wanderungen durch die alternative Antriebswelt nur Stillstand und verbreiten gebetsmühlenartig die Unverzichtbarkeitserklärung von Diesel- und Benzinautos. Die anderen surfen durch die wunderbare (Tesla-) Welt, verdammen die etablierten Autobauer als Schlafmützen und feiern jede Veröffentlichung eines elektrischen Conceptcars als Wahrzeichen bevorstehenden neuen Mobilitätszeitalters. Die zweite Gruppe steht auf der richtigen Seite der Geschichte, wirkt sympathischer, ist aber auch nur bedingt im Recht.
Die Gruppe der Skeptiker findet ihre Hauptnahrungsquelle in den Zulassungszahlen für Elektroautos.  Gäbe es nicht Norwegen, dann hätten sie sogar ein unschlagbares Argument  für deren Unverkäuflichkeit. Die E-Autozahl des Jahres 2016 kommt aus dem Land der Fjorde und lautet 100.000. So viele Elektroautos sind dort mittlerweile zugelassen. Auf deutsche Verhältnisse übertragen hieße dies rund 1,6 Millionen verkaufte Elektroautos. Zwischen Flensburg und Zugspitze rollen jedoch wohl nur rund 70.000 Elektroautos. Woran liegt es?
Einerseits lesen wir überall die Klage über schlechte Verkaufszahlen, andererseits hören wir von langen Lieferzeiten, fehlenden Vorführwagen und verzögerter Markteinführung neuer Modelle. Im Jahr 2016 hat sich der deutsche Elektromobilitäts-Markt im Rahmen der Möglichkeiten entwickelt. Trotz der im Frühjahr 2016 eingeführten Kaufpreisprämie sind nicht mehr Elektroautos verkauft worden als in 2015. Das was an Fahrzeugen verfügbar war wurde,  – bis auf wenige Ausnahmen – verkauft. Nirgendwo auf der Welt stehen finden wir große Lagerplätze mit unverkauften E-Autos. Bei „Verbrennern“ ist dies anders!
Es klingt komisch, aber es stimmt. Das Angebot an Elektroautos war 2016 knapper als im Vorjahr und in attraktiven Preislagen gab es so gut wie kein Angebot. Das einzige vollelektrische Fahrzeug, das in diesem Jahr bei den Verkaufszahlen richtig zugelegt hat, ist der Renault ZOE, der in Deutschland rund 2.700-mal (2015: 1.800) als Neuwagen aus einem Autohaus rollte. Zusammen mit dem BMW i3 führt der elektrische Franzose das überschaubare Feld der Elektroautos in Deutschland an. Ohnehin muss bedacht werden, dass nur rund ein Viertel der Neuzulassungen von Privatkunden vorgenommen wird. Das große Zahlenrad drehen die Hersteller selbst sowie die großen Flottenbetreiber. Die rund eine Million Menschen, die sich Deutschland ein neues Auto kaufen, gehören eher zur älteren Generation. Daimler-Käufer beispielsweise sollen im Schnitt knapp unter 60 Jahre alt sein. Die Mehrheit der Neuwagenkunden kommt aus der Tradition des konventionelles Autos, das jederzeit sehr weit fahren könnte, aber tatsächlich selten auf mehr als 50 km Tagesfahrleistung kommt. Sie kommen aus einer Zeit als Autos viel über den Status des Besitzers aussagten und Bus- und Bahnfahrer als Verlierer galten. Das Leihen oder Teilen eines Autos waren Ideen aus einer fremden Welt. Ergebnis dieser Haltung sind überdimensionierte Autos, die die meiste Zeit ihres Lebens  rumstehen. Um mit Nobelpreisträger Bob Dylan zu sprechen: „The times, they are changing.“
Frauen übrigens stehen den Elektro-Antrieben bisher deutlich skeptischer gegenüber als Männer. Elektro-Autofahrer leben eher im ländlichen und suburbanen Raum und sind nicht so vermögend wie es gern kolportiert wird. Wenn es nicht gerade ein TESLA sein muss, ist ein Elektroauto für Normalverdienende durchaus leistbar. Aber im Klein- und Mittelklassesegment hat bisher keines der Elektro-Modelle hohe Noten in Bezug auf ihr Styling erhalten oder sich gar zu einem Kultobjekt entwickelt. Hätte Volkswagen den Bulli, BMW den Mini oder Renault einen R4 als Elektroauto in Serie gebracht, sähe es – auch mit Blick auf die Altersklasse der Neuwagenkäufer – sicherlich anders aus. Sollte Apple tatsächlich das iCar auf den Markt bringen, dürfte im Kultbereich ein neues Rennen beginnen.
Viele halten mittlerweile das Ziel, in Deutschland im Jahr 2020 eine Million E-Fahrzeuge auf die Straße zu bekommen, für unerreichbar. Hier sollte man nicht zu früh aufgeben. Allerdings hieße dies, dass ab 2018 jedes 10. verkaufte Auto die Kriterien des E-Kennzeichens erfüllen müsste. Im nächsten Jahr haben wir eine deutliche Erweiterung der Angebotspalette. Nach einem Facelift ist der Volkswagen e-up wieder verfügbar und die neue Generation des e-Golf wird in den Markt eingeführt, Daimler bringt den neuen Smart nun auch als Electric Drive-Version, Opel den neuen Ampera-e, Nissan den neuen LEAF, Hyundai den IONIQ Elektro, TESLA das Model X (nicht das vielfach vorbestellte Model 3!). Das breitere Angebot und die damit einhergehende Verfügbarkeit werden für höhere Zulassungszahlen sorgen. Aber Vorsicht vor allzu großer Hoffnung: Autoproduktion ist kein Brötchenverkauf! Auf verändertes Kundenverhalten kann nicht sofort reagiert werden. Die Zulassungszahlen werden nicht von jetzt auf gleich explodieren. So könnte im vollelektrischen Segment in Deutschland wohl maximal eine Verdreifachung erfolgen. Bei den Plug-In-Hybriden wird eine Prognose schwierig. Für Überraschungen könnte der eine oder andere Nischenanbieter sorgen. Allerdings sind es ja nicht nur die Konzerne, die mit großen Ankündigen auf sich aufmerksam machen. Auch kleinere Firmen und insbesondere StartUps zeigen Prototypen, die vermutlich nie Marktreife erreichen werden.
Modelltechnisch wird 2017 vor allem das Jahr der „Bekämpfung der Reichweitenangst“. Bei Mittelklassewagen muss mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch im Realbetrieb von etwa 15 kWh rechnen. Autos mit Batterien, die über eine Speicherkapazität von mehr als 30 kW verfügen, schaffen dann wirklich mindestens 200 km. Eine Strecke, die zwar seltener gefahren wird, aber wohl doch für viele Menschen gewünschter Mindeststandard ist. Wer so viel Mindestreichweite haben möchte, kann sie dann bei allen Herstellern kaufen. Reichweitenkönig der Mittelklasse wird der Opel Ampera-e mit einem 60 kW-Lithium-Ionen-Speicher sein. Das wären dann 400 Kilometer mit einer Batterieladung. Ob viel Batterie dann auch viele Kunden bringt ist noch offen. Richtig spannend wird es, wenn die Gegenbewegung zur Reichweitenverlängerung auf dem Markt ankommt. Ein Fahrzeug mit kleiner Batterie (um die 10 kW) und Strecken angepasstem Fahrkomfort kann man sicher unter 10.000 Euro anbieten.
Wer aber will kleine, billige E-Fahrzeuge bauen? Unter derzeitigen Bedingungen ist für die hiesige Industrie wenig Wertschöpfung drin. Mit dem derzeitigen Kundenverhalten können die Hersteller gut, viele sogar sehr gut, leben. Was sollen, die Firmen machen, die auf den Bau von Getriebe oder Einspritzpumpe spezialisiert sind? Die bisherige Elektromobilitätsstrategie verfolgte in erster Linie das Ziel den Flottenverbrauch der großen Hersteller zu senken und somit den Bau von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zumindest mittelfristig zu sichern. Vielerorts wird immer noch an der Optimierung der Verbrennungsmotoren gearbeitet und bedeutende Akteure sehen in der Entwicklung neuer (synthetischer) Kraftstoffe eine langfristige Zukunft für den Verbrennungsmotor.
Wer schützt besser die Arbeitsplätze: Wer den Umstieg auf E-Mobilität hinauszögert oder E-Treiber?
Letztere verweisen gern auf das Nokia-Schicksal, die anderen argumentieren mit Erfahrungen im Energiesektor. Dort ist es ja auch gelungen und es gelingt weiter, wenig zukunftsfähigen Technologien Bestandsgarantieren zu geben. Mit postfaktischer Argumentation wird dies als eine ökonomisch sinnvolle Strategie verkauft.
Staatliche Investitionen in Zukunftstechnologien werden oft als Geldverschwendung gegeißelt. Gern von den Profiteuren altbewährter Subventionswege. Ein bis zwei Milliarden Euro wären wohl notwendig, um deutschlandweit eine gute Ladeinfrastruktur aufzubauen. Mit kleinen Korrekturen bei der Dienstwagen- und der Dieselbesteuerung hätte man das Geld schnell zusammen.
Natürlich ist die Verkehrswende nicht umsonst zu haben. Investitionen in neue Fahrzeuge, insbesondere vollelektrische Busse, neue Wegeführungen für Fahrräder, Platz für Leihfahrzeuge, IT-Leitsysteme, Mobilitätszentren etc. müssen schließlich finanziert werden. Viel spricht dafür, dass das Unterlassen dieser Vorhaben ökonomisch viel riskanter ist, als sie zu tätigen. Ohnehin wird in Deutschland zu wenig investiert. Warum nicht in neue Verkehrs- und Energietechnik?
Was waren die großen elektromobilen Weichenstellungen 2016? Die beiden größten Automobilkonzerne haben sich neu ausgerichtet. Toyota glaubt plötzlich weniger an Wasserstoffautos und wird wohl bald auch batterieelektrische Fahrzeuge anbieten. Volkswagen hat fertigungspolitisch eine enorme Richtungskorrektur verkündet und will Elektroautos künftig (ab 2020?) auf einer eigenständigen Plattform bauen. Mit Moia wurde 2016 eine neue Konzernmarke, die sich mit Mobilitätsdienstleistungen beschäftigt und als Zeichen einer neuen Weltstrategie in London vorgestellt wurde, geschaffen.
Die relevanteste „elektromobile“ Weichenstellung war 2016 sicher die Verkündung der chinesischen Regierung von E-Autoquoten. Natürlich sind im Riesenreich der Mitte ausgeprägte industriepolitische  hinter dieser Entscheidung ausmachen. Letztlich ist jedoch die Bekämpfung der Luftverschmutzung in den Mega-Cities alternativlos. Auch im Jahr eins nach der Unterzeichnung des UN-Klimaabkommens ist nicht der Kampf gegen die Erderwärmung, sondern gegen die unzumutbare Schadstoffbelastung der Atemluft die Haupttriebfeder der E-Mobilität. 300 Millionen Kinder leben weltweit in Regionen mit stark gesundheitsgefährdender Luftqualität. Auch hartherzige Regierungen, die sich nur wenig vor Wählerabstrafungen fürchten müssen, können sich dies nicht unbegrenzt anschauen.
Circulation alternée hieß es einige Tage in Paris und Lyon. Mit der (angestrebten) Halbierung des Autoverkehrs sollte in den französischen Metropolen die Luftverschmutzung reduziert werden. Auch Fahrverbote sind also offensichtlich ein europäisches Thema. In mehreren europäischen Großstädten wächst die Bereitschaft, Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß vom Verkehr auszuschließen. So will Paris seine 4.000 Dieselbusse bis 2024 gegen E-Liner austauschen. Noch viel offenkundiger als im PKW-Bereich können wir bei Bussen und Lieferfahrzeugen die mangelnde Verfügbarkeit von Elektrofahrzeugen beklagen.
Gegenüber einem Dieselbus verbraucht ein Elektro-Bus nur ein Viertel der Energiemenge und seine lokale Emissionsfreiheit ist an Stadtfreundlichkeit kaum zu überbieten. Für 2018 haben auch die großen Bushersteller elektrische Modelle angekündigt. Bisher sind in Europa nur kleinere Unternehmen unterwegs. Wenn chinesische Großkonzerne wie BYD in Europa ernsthaft aktiv werden, könnte es spannend werden.
Die große Überraschung im elektrischen Transporter-Segment war der Streetscooter, den die Deutsche Post in einem ihrer Unternehmen für den Eigenbedarf produzieren lässt. Der Onlinehandel und die vielen Lieferserviceangebote haben die Elektrifizierung der urbanen Logistik zu einem Topthema gemacht. Elektrische Lastenräder werden schon in diesem Jahr viel häufiger im Stadtbild zu sehen sein und sind zweifelsfrei ein weltmarktfähiges Produkt.
Eine Debatte des vergangenen Jahres war das Verbot  der Zulassung von Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2030. Wir wissen, wie wenig bisher zeitliche Ferne Zielsetzungen bewirkt haben. Was fehlt, ist die Verständigung auf zeitnah umsetzbare Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität. Hier hapert es, weil zwei unrealistische Hoffnungen gepflegt werden. Die eine Gruppe kämpft für viele weitere Jahre ungestörten Betriebes von Verbrennern. Am anderen Ende der Hoffnungsskala bewegen sich die, die eine Zukunft ohne Auto sehen. Die einen träumen von synthetischen Kraftstoffen, die anderen von der Fahrradstadt. Gemeinsam blockieren sie die notwendige Dynamik bei Entwicklung, Bau und Einsatz von Elektrofahrzeugen. Diese Situation lösen wir nicht über ferne Zieldebatten, sondern durch Entscheidungen im hier und jetzt.
Deutschland ist sicher eines der am wenigsten geeigneten Länder für eine autofreie Mobilitätswelt. Die wirtschaftliche Stärke der Automobilindustrie und die hohe gesellschaftliche Akzeptanz des Autofahrens lassen dem Verfolgen einer derartigen Strategie nicht den ausreichenden Raum. Zudem sind die negativen Auswirkungen des Autoverkehrs in Deutschland beherrschbarer als anderswo. So bleibt für Deutschland der Rolle des Vorreiters eines zukunftsfähigen Mobilitätssystems inklusive Autos. Andere Länder können ja andere Strategien verfolgen. Elektromobilität verändert die Verkehrs- und die Energiewelt. Es ist ein harter Kampf von Branchen, die die Industriewelt der letzten Jahrzehnte bestimmten. Da sollte man den Menschen nicht einreden ein paar Fahrevents und Netzwerksveranstaltungen würden es schon richten. Ein paar mutige Entscheidungen und Konsequenz beim eigenen Mobilitätsverhalten wird man der Politik doch abverlangen können.
Abschließend dann doch noch etwas Hoffnungsvolles. Im letzten Jahr wurden in Deutschland etwa 15.000 privatbetriebene Solarspeicher installiert. Elektrofahrzeuge und die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energie, hier wächst etwas zusammen, was zusammen gehört. Gemeinsam sollten die Länder der Europäischen Union die Elektromobilität angehen. 2017 feiern (?) wir den 60. Geburtstag der Gründung der europäischen Atomgemeinschaft. Bevor der Europäischen Union die Inhalte für die Zusammenarbeit ausgehen, wie wäre es mit einer Europäischen E-Mobilitätsgemeinschaft. Der Bau einer großen (!) europäischen Batteriefabrik gehört zwingend dazu.
Mit Jahresbeginn die Batteriefabrik von TESLA/Panasonic in Nevada ihren Betrieb aufgenommen. Die volle Produktionskapazität soll dann 2020 erreicht sein. Wird Präsident Trump zur Eröffnung kommen? Die erdölaffine Trump-Administration wird wissen, dass die Wirtschaftlichkeit von E-Fahrzeugen stark vom Batteriepreis abhängt. Zwischen 2010 und 2016 sind diese um 80 (!) Prozent gefallen. Das Rennen kommt in die Zielgerade: Wann wird die Batterie in einem Elektroauto billiger sein, als die Teile in einem Verbrenner, die in einem Elektroauto fehlen. Im Batteriesegment können wir noch erhebliche Technologiesprünge und Preisreduzierungen erwarten. Beim Verbrennungsmotor wohl eher nicht. Ich bin sicher, 2016 war das letzte „schlechte“ Jahr der Elektromobilität.

Freitag, 2. September 2016

Entdeckertag: Metropolregion auf der Mobilitätsmeile

HANNOVER.– Im Rahmen des Entdeckertages am 4. September 2016 findet das zentrale Fest mit der Entdeckermeile in Hannover zwischen Hauptbahnhof und dem Aegi statt. Acht Bühnen und zahlreiche Aussteller locken zu den unterschiedlichsten Themen wie u.a. Kultur (Kröpcke), Klimaschutz (Opernplatz) oder Mobilität (Georgstraße).

Smarte Mobilität auf zwei und vier Rädern

Die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg wirbt gemeinsam mit dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) für eine zukunftsfähige Mobilität. Im Fokus steht der Raumgewinn, der durch den Einsatz von Fahrrädern & Pedelecs, (elektrischen) Lastenrädern und kleinen Elektrofahrzeugen erreicht werden kann.

Mobilitätsmeile auf der Georgstraße

Die Mobilitätsmeile befindet sich in der Georgstraße vor der Oper. Der VCD und die Metropolregion freuen sich auf viele Besucher am kommenden Sonntag zwischen 10 und 19 Uhr. Erstmals gibt es auch Aktionen auf dem Platz der Weltausstellung: Die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen hat zum Beispiel den Dance Cube aufgebaut. In diesem umgebauten Container verwandelt die Tanzfläche Bewegungsenergie in Strom und versorgt damit die Musik- und Lichtanlage. Regionale DJs legen auf und spielen Musik ganz ohne Strom aus der Steckdose.

Donnerstag, 18. August 2016

Tausend Ladepunkte in der Metropolregion
Angebot an Stromtankstellen in einem Jahr fast verdoppelt.
HANNOVER, 18. August 2016.- Die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg hat für ihr Gebiet eine aktuelle Erhebung der Lademöglichkeiten für Elektroautos gemacht. Die Zahl der Ladepunkte hat sich von rund 650 im Herbst 2015 auf rund 1.100 im Herbst 2016 erhöht. Gezählt wurden Ladepunkte, die öffentlich zugänglich und auf den einschlägigen Informationsportalen verzeichnet sind.
In der 3,8 Millionen Einwohner umfassenden Metropolregion befinden sich in 108 unterschiedlichen Kommunen an 399 Standorten 1.093 Ladepunkte. Davon sind 102 nach den Schnellladestandards CCS oder CHAdeMO sowie 30 Ladepunkte von TESLA. 470 Ladepunkte sind mit dem Standardstecker Typ 2 zugänglich. 275 davon bieten eine Leistung von mindestens 22 kW und erfüllen für entsprechende Fahrzeugtypen den Schnellladestandard. An den Standorten werden zusätzlich rund 500 CEE und Schuko-Steckdosen angeboten.
Raimund Nowak, Geschäftsführer der Metropolregion:
„Die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg bietet für deutsche Verhältnisse eine sehr gute Ladeinfrastruktur. Da die meisten Städte in der Metropolregion für E-Autos keine Parkgebühren erheben werden die öffentlichen Stromtankstellen in der Regel auch nur für Ladevorgänge genutzt. Dies sorgt für eine bessere Verfügbarkeit.
Niemand sollte auf den Kauf eines Elektroautos wegen vermeintlich fehlender Strom-tankstellen verzichten. Fehlende Ladeinfrastruktur ist nicht die Ursache für die geringen
E-Autoverkäufe. Es ist kein Zufall, dass der Renault ZOE derzeit mit rund 1.600 verkauften Fahrzeugen die Verkaufsliste in Deutschland anführt. Im Gegensatz zu den vollelektrischen Autos deutscher Hersteller ist die ZOE bei vielen Händlern sofort lieferbar. Modelle wie der Volkswagen e-up oder der smart electric drive von Daimler werden erst zum Jahresende lieferbar sein. Die Lieferzeiten beim Volkswagen e-Golf und dem BMW i3 verzögern ebenfalls den Markthochlauf.
In den nächsten Monaten wird das Angebot an Elektrofahrzeugen deutlich zunehmen und dann auch zu entsprechenden Verkaufszahlen führen. Bis zum Jahr 2020 werden etwa 50.000 E-Autos im Gebiet der Metropolregion unterwegs sein.
Um die Ladeinfrastruktur dem künftigen Bedarf anzupassen, unterstützt die Metropolregion den Aufbau einer praxistauglichen Ladeinfrastruktur in ihrem Gebiet. Dabei setzen wir auch auf den Bund. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ab 2017 rund 300 Millionen Euro für den Aufbau von Stromtankstellen in Deutschland bereitstellen.“
Ansprechpartner für Rückfragen:
Raimund Nowak
Geschäftsführer Metropolregion GmbH
raimund.nowak@metropolregion.de | M. 0172.301 33 00

Sabine Flores
Geschäftsführerin Kommunen in der Metropolregion e.V.
sabine.flores@metropolregion.de | M. 0151.441 449 55





Sonntag, 31. Juli 2016

Kein Interesse an sauberen Autos?
Anmerkungen zum Status bei der Kaufprämie für Elektroautos

Raimund Nowak - raimund.nowak@metropolregion.de



Im Fußball liegt „die Wahrheit auf dem Platz“. Bei staatlichen Förderungen für sauberere Fahrzeuge ist der Ort der Wahrheit das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle). Dort kann man sich Geld abholen, wenn man seinen alten Diesel sauberer machen will oder sich ein Elektroauto kaufen möchte.
Die momentane Lage: viel Geld – wenig Nachfrage. Woran liegt das? Zählten doch Luftverschmutzung, Dieselskandale und der Zank um die Einführung der Kaufprämie zu den großen Aufregerthemen. Wurde nicht erst vor wenigen Monaten in Paris die Klimaweltrettung gefeiert?
Die Fakten: Rund zwei Millionen ältere Dieselfahrzeuge können eine grüne Plakette bekommen, wenn ein Ruß-partikelfilter eingebaut wird. 260 Euro zahlt das BAFA für die 650 bis 1.500 Euro teure Nachrüstung dazu. 22 Millionen Euro wurden bereitgestellt. Nur rund 3,4 Millionen Euro sind bisher abgeflossen.
Weit mehr Geld hat der Bund für den Kauf von Elektroautos zur Verfügung gestellt. 300 Millionen Euro Bundesmittel liegen seit Anfang Juni 2016 bereit, um mit 2.000 Euro vollelektrische Autos oder mit 1.500 EuroHybridfahrzeuge zu fördern. Das BAFA hat dafür zehn neue Stellen geschaffen, die aber bis zum 29. Juli 2016 lediglich 1.007 Anträge für die reine Elektroautos und 516 für die Autos, die neben einem Verbrennungsmotor auch eine (kleine) mit Stecker aufladbare Batterie besitzen. Die Förderbestimmungen sind übersichtlich und das Antragsprocedere erfolgt online. Die Kollegen im Bafa werden bisher kaum an Überlastung leiden. Mit der guten Ausstattung wollte der Bund wohl einen „Holperstart“ wie bei der Abwrackprämie im Jahr 2009 vermeiden. Dies ist gelungen. Klagen über technische Mängel liegen nicht vor.
Die erste Erkenntnis ist die übliche Differenz zwischen der öffentlicher Erregung und dem tatsächlichen Verhalten. Das gilt für wohl alle Themen und hat sein Gutes und Schlechtes. Natürlich ist man empört, aber „Lebbe geht weider“ sagte schon Dragoslav-Stepanovic, eine hessisch-serbische Trainerikone.Und sicher hat niemand erwartet, dass nach Bekanntwerden der tatsächlichen Schadstoffbelastungen durch Dieselfahrzeuge eine Massenflucht aus dieser Technologie einsetzt. In Deutschland fürchtet offensichtlich niemand ernsthaft, dass es zu spürbaren Einschränkungen für den Autoverkehr – auch nicht für alte Diesel-Fahrzeuge – kommen wird. Selbst auf die relativ kleine Anstrengung zum Filtereinbau wird verzichtet. Mit einer strikteren politischen Ansage wäre dieses Problem zu lösen. In Deutschland, dem Vaterland des Diesel, werden wir darauf vermutlich mit am längsten in Europa darauf warten.
Bei den Elektroautos ist die Erklärung für den "lahmen" Markt deutlich komplizierter. Zwei Gründe auf der Angebotsseite: Die E-Auto-Palette ist zu wenig differenziert. Insbesondere im unteren Preissegment fehlen Modelle. Ein Fahrzeug um die 10.000 Euro mit kleiner Batterie hätte sicher einen Markt. Reichweite ist weniger wichtig, als der Preis. Hinzu kommt, dass derzeit wichtige Umsatzträger gar nicht käuflich sind. Der Volkswagen e-up befindet sich im Facelift und ist erst wieder zum Jahresende 2016 lieferbar. Auch den smart von Daimler wird es dann erst wieder in der E-Version geben. Für Volkswagen und Daimler ist der Zeitpunkt der Einführung der Kaufprämie etwas ungünstig. Nicht zuletzt deshalb klagt die Werbebranche über das Runterfahren der Budgets zur Förderung des E-Autoabsatzes. Das ist in der Tat überraschend. Bis auf Nissan haben die Autohersteller in diesem Jahr ihre Aufwendungen für die E-Autowerbung reduziert!! Veranstalter von E-Autowerbeaktionen können ein „Lied über die Beteiligungszurückhaltung der Autobranche“ singen. Die Werbemillionen fließen in andere Maßnahmen. Und oft – auch das darf nicht übersehen werden – kommt die versprochene Prämie von 4.000 Euro gar nicht beim Kunden an. Das Bafa erstattet zwar brav 2.000 Euro, aber die Hersteller - bis auf löbliche Ausnahmen - haben ihre bisherigen Rabattaktionen „angepasst“. Es fällt auf, dass Renault im ersten Halbjahr in Deutschland von dem vollelektrischen ZOE mit 1.300 Stück fast doppelt so viele verkauft hat wie Volkswagen mit seinen beiden Konkurrenzmodellen e-up und e-Golf zusammen; und das auf dem Heimatmarkt. Der ZOE bietet derzeit zwei Vorteile. Er ist lieferbar und besitzt die Fähigkeit zum schnellen Wechselstromladen. 

Damit sind wir bei den Rahmenbedingungen: Die Ladeinfrastruktur muss sich an den Nutzerinteressen orientieren. Der Stromverkauf an Ladesäulen ist nur in Ausnahmefällen – echtes Schnellladen an Fernstraßen – ein Geschäftsmodell. Aufwändige Abrechnungssysteme verhindern - auch perspektivisch gesehen - mehr als sie nützen. Das tatsächliche Ladeverhalten von E-Autonutzern unterscheidet sich offensichtlich deutlich von den konstruierten Erwartungen der Autoindustrie und einigen Ladeinfrastrukturanbietern. Natürlich müssen wir große Anstrengungen unternehmen, um die richtige (!) Ladeinfrastruktur) aufzunehmen. Aber (sehr) viele potenzielle E-Autokunden würden schon jetzt gut zurechtkommen. Auch weil sie gar keine öffentliche Infrastruktur benötigen. Und letztlich gilt es festzuhalten: Mindestens ein Viertel er Autofahrer könnten bereits heute problemlos elektrisch unterwegs sein. Ihr Fahrprofil sieht (fast) keine Fernfahrten vor und das Laden zuhause, am Arbeitsplatz und bei Handel und Gastronomie ist ggf. sogar angenehmer als die Fahrt zur Tankstelle, wo auch Schnellladesäulen hingehören. Diese Woche traf ich einen Fleischermeister mit seinem vollelektrischen Kangoo. Hat seinen Sitz vor den Toren von Hannover und er nutzt das Fahrzeug als innerstädtisches Lieferfahrzeug. Wenn ein Fleischermeister das so sieht, müssten es nicht auch „andere Branchen“ genauso sehen. Zum Beispiel die Firmen, die bei ihren Kunden auf hohes Umweltbewusstsein setzen oder sich selbst als Technologietreiber verstehen? Wer zum Beispiel Bio-Lebensmittel vertreibt oder in der erneuerbaren Energiebranche aktiv ist und selbst mit dem Diesel unterwegs ist, der müsste doch vor Scham vergehen, wenn er das Elektroauto des Fleischermeisters aus Langenhagen sieht.

Montag, 25. Juli 2016

Kommunale Saugkehrmaschine als Hybrid


Vor Kurzem stellte Kärcher den Prototyp einer kommunalen Saugkehrmaschine mit Plug-in-Hybrid-Antrieb vor. Die Herausforderung bei der Entwicklung bestand laut Hersteller darin, sowohl Fahrantrieb als auch Arbeitsaggregate zu elektrifizieren – und das auf engstem Raum in einem Fahrzeug mit Knicklenkung.

Zentraler Energiespeicher des Plug-in-Hybrids ist die Batterie. Sie kann über eine externe Stromquelle oder vom Verbrennungsmotor geladen werden. Die Elektromotoren für Antrieb, Kehrbesen und Absaugung werden bedarfsgerecht mit elektrischer Energie aus der Batterie versorgt. Die Plug-in-Hybride basieren auf der kommunalen Saugkehrmaschine MC 50. Die 1,09 m breite Maschine ist dank eines inneren Wendekreises von nur 70 Zentimetern besonders beweglich. In der verglasten Kabine hat der Anwender das Arbeitsumfeld stets im Blick. Der Komfort der MC 50 bleibt auch erhalten: So muss weder im elektrischen Betrieb noch bei zugeschaltetem Verbrennungsmotor auf die Klimaanlage verzichtet werden.

Montag, 11. Juli 2016

Elektrisch in Zarpen

Anmerkungen zum Treffen der Norddeutschen E-Community am 9.7. 

Am vergangenen Samstag war ich auf dem Treffen der norddeutschen E-Mobilisten in dem Ort Zarpen bei Lübeck. Es war ein Communitytreffen. Also ein Event ohne kommerziellen Hintergrund, frei von staatlicher Förderung, ohne Grußworte und mit viel Vertrauen auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Teilnehmer. Laut Organisator Kai Fischer hat sich die Teilnehmerzahl (ca 200?) gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Was ist mir aufgefallen?
Die „First Mover Szene“ fährt  Mode S, ZOE oder Leaf. Die „heimischen Marken“ waren kaum zu sehen. Im Autoland Deutschland bestimmen ausländische Firmen die vollelektrische Szene. Ist zum Teil offensichtlich auch ein Imageproblem. Kein Problem war die Stromversorgung. Belegte meine These, dass mit gutem Willen und etwas Sachkenntnis das akute Ladeinfrastrukturproblem schnell gelöst werden kann. Gut gefallen hat mir der Strom aus der Kirche und die Schnellladestation in Reinfeld bei Famila. Du fährst an Autohäusern und Tankstellen vorbei und lädst dann beim Drogeriemarkt (ist schon ein bisschen seltsam). Was mich umtreibt ist die Frage, wie man das vorhandene Nutzerwissen in die wichtigen Entscheidungsprozesse integriert. Kai Fischer hat die ganze Problematik von unausgereiften Förderrichtlinien, schlecht informierten Politikern und administrativen Unwillen in einem Vortrag dargestellt. Nun hilft das Singen von Klageliedern, auch über die Strategien der deutschen Hersteller wenig. War übrigens nirgendwo ein Hybrid (Plug-In) zu sehen. Die Nutzerszene muss mehr Einfluss bekommen, sonst geht es nicht schnell genug voran. Dafür muss sich die Szene bewegen und mehr dort hingehen wo Entscheidungen fallen und die eine oder andere Berührungsangst verlieren. Und natürlich müssen die Entscheidungsebenen in Polititk, Verwaltung und Wirtschaft bereit sein, sich mehr mit der Praxis zu beschäftigen und die Strategien an den Kunden auszurichten. Gefallen hat mir, dass sich viele Teilnehmer auch in die Vorträge und Diskussionsrunden begeben haben. Immer im Auto hocken bringt uns nicht weiter – auch wenn ein Elektromotor drin ist. Der Vortrag über die selbstdurchgeführten Feinstaubmessungen von Aike Müller sollte unbedingt mehr Verbreitung finden. Für unsere Metropolregion bleibt auch ein bisschen die Erkenntnis, dass doch relativ viele Teilnehmer aus unserem Raum in der Mitte und dem Süden Niedersachsen gekommen sind. Matthias Schmidt (mms-concept- Elektromotrräder) und ich durften ja sogar vortragen.


Raimund Nowak


Dienstag, 24. Mai 2016

AUTOTAUSCH in Celle

CELLE, 24.05.2016. Nach zehn Tagen übergab Ratsfrau Inga Marks (SPD) den VW e-up! an ihre Kollegen. "Ich bin begeistert von dem Fahrzeug, es ist leise und sauber, für die Stadt ideal", so Marks. Nun testet Juliane Schrader (B90/Grüne) das vollelektrische Fahrzeug für die nächsten zehn Tage, ehe Dr. Jörg Rodenwaldt (SPD) an der Reihe ist. Beide Kommunalpolitiker haben sich bereits im Vorfeld mit der Ladeinfrastruktur rund um Celle befasst und sind gespannt, wie das Fahrzeug sich im Alltag bewährt.
Die Kommunalpolitiker Marks, Schrader, Rodenwaldt (v.l.n.r.)

Mitglieder von Räten und Kreistagen aus dem Gebiet der Metropolregion können für einen begrenzten Zeitraum – in der Regel zehn Tage – ihr konventionell angetriebenes Fahrzeug gegen ein Elektroauto tauschen. Auf diesem Wege erhalten sie die Chance, sich ein eigenes Bild über die Alltagstauglichkeit von Elektroautos und den Rahmenbedingungen des Fahrens von Elektroautos in dem Gebiet zu machen, für das die Kommunalpolitiker Verantwortung tragen.